Beziehungen wachsen im Kontakt – gerade, wenn es brenzlig wird
Typische Meilensteine säumen die Abwärtsspirale von Beziehungen: verbale Verletzungen, Verlust von Intimität und Sexualität und anschließendem Verstummen oder einander nicht mehr zuhören. Doch wie kann man sicherstellen, dass es im Kontakt nicht zu mehr Verletzungen kommt?
Eine zusätzliche Möglichkeit, eine gesunde Kommunikation einzuüben oder im Krisenfall zu verbessern, ist das authentische Paargespräch. Einfache Spielregeln bieten die Chance für tiefen Kontakt und Abkehr von alten Mustern.
Ausdauersportart: Paarbeziehung
Für Beziehungen gilt dasselbe wie für sportliches Training und die eigene Persönlichkeitsentwicklung. Wir wachsen nicht, wenn wir immer genau dieselbe Strecke in derselben Zeit laufen, dasselbe Gewicht und die gleiche Anzahl Wiederholungen exerzieren.
Nur unter Belastung wachsen Muskeln, entwickeln wir bessere Kondition, funktioniert unser Gehirn bis ins hohe Alter. Wir wachsen ausschließlich an Herausforderungen. Wenn wir immer tun, was wir bisher getan haben, werden wir nur das erreichen, was wir bisher erreicht haben. Wenn wir uns also den Herausforderungen auf dem nächsten Level nicht stellen, haben wir schon verloren und die Chance auf Wachstum verpasst.
Für Beziehungen ist es der langsame Weg ins Siechtum und den Tod, wenn Kommunikation und Tagesabläufe einander gleichen. Wie so oft können wir Intimität und Sexualität als Synonym sehen: Wenn sich automatische Abläufe und Zeiten eingeschlichen haben, stirbt der Reiz.
Was gilt es denn wohl zu trainieren in Beziehungen? So einfach es sich anhört. Ich denke, es geht darum, in Kontakt zu bleiben – sowohl wenn es schwierig wird, als auch in ruhigen Fahrwassern. Übung macht die Meisterschaft, und mit dem sich vertiefenden Kontakt etablieren sich Vertrauen und Zuversicht.
Das authentische Paargespräch
Die häufigsten Ursachen für verebbende Kommunikation in Beziehungen sind das Hochschaukeln der Emotionen sowie Verhaltensweisen und Redewendungen, die als verletzend empfunden werden können. Damit beginnt leider die trennende Dynamik. Wie kann man sicherstellen, dass es nicht im Kontakt dazu kommt?
Es bedarf ein paar Voraussetzungen, Zutaten und einer Handvoll simpler Spielregeln. Sich an diese für Beziehungen ungewohnten Leitlinien zu halten, bietet die Chance für tiefen Kontakt und darüber hinaus die Abkehr von alten, verletzenden Mustern – für Beziehungen aller Art.
Grundlagen und Leitlinien
Werte
Ich empfehle Paaren oder anderen Beziehungsbeteiligten zunächst, verbindliche Werte zu vereinbaren und sich darüber auszutauschen. Etwa …
- Offenheit – alle Themen auf den Tisch bringen zu wollen und auch im Fall von Meinungsverschiedenheiten nicht einfach die Tür zuzuschlagen.
- Klarheit – die Themen klar zu benennen, nicht um den heißen Brei, in Metaphern oder in unpersönlicher Form drumherumzureden,
- Wahrhaftigkeit – oft auch Ehrlichkeit, das heißt, sich klar und unmissverständlich zu äußern – selbst, wenn die Antwort lautet: „Ich traue mich nicht, mich offen zu äußern, weil ich mich schäme oder gar Angst habe.“
Der Austausch offenbart und stellt sicher, dass dasselbe unter den Begriffen verstanden wird.
Ablauf
Es hilft, Vereinbarungen zu treffen, gerade um in den Rhythmus zu kommen. Zum Beispiel:
Verbindlich regelmäßige Termine festlegen – wöchentlich oder mindestens monatlich;
Zeiträume festlegen und einhalten – etwa 10 – 15 Minuten Redezeit pro Person, Gesamtdauer und Pausen.
Einen ruhigen, störungsfreien Ort und Zeitraum wählen – ablenkende Medien und Geräte entfernen;
Paargespräche auch präventiv abhalten, nicht erst bei Konflikten.
Kommunikation und Ausrichtung
Sprechen
Die sprechende Person sollte …
- über sich selbst sprechen und nicht über das Gegenüber,
- Du-Botschaften vermeiden, die wie Kritik oder Schuldzuweisungen wirken können,
- Ich-Botschaften verwenden, wie „Ich habe gesehen oder gehört…“, „Ich fühle mich dann …“,„Ich wünsche mir…“, „Ich bräuchte dann…“.
Die zuhörende Person sollte …
- aufmerksam zuhören, ohne zu unterbrechen,
- auch Schweigen zulassen,
- sich die eigenen Gedanken, Bewertungen, Urteile bewusst machen,
- eigene Gefühle wahrnehmen – Sorgen, Ängste, Freude und Erleichterung,
- gegebenenfalls Gehörtes wörtlich notieren, als Gedächtnisstütze.
Beide sollten …
- Themen offen, ehrlich und respektvoll ansprechen,
- bei sich selbst bleiben und den eigenen Anteil sehen,
- im Konfliktfall mehr auf die Lösung schauen und …
- mehr in die Zukunft statt in die Vergangenheit.
Wichtig und hilfreich
- Ein respektvolles Klima ohne Unterbrechungen, Beschuldigungen oder Ablenkungen zu schaffen, in dem sich beide sicher fühlen;
- Kurze Zusammenfassung am am Ende des Gesprächs zusammenzufassen, was jeder verstanden hat und welche Veränderungsmöglichkeiten gesehen werden.
Es lohnt sich für die Beziehung
Probleme in Beziehungen in Ruhe anzusprechen, ist die Königsdisziplin. Dennoch benötigen wir oft sehr lange, bis wir uns herauswagen und die Themen ansprechen. Oft hindern uns Ängste und Sorgen daran, wie die Reaktionen ausfallen. Wir wollen unsere:n Partner:in nicht verletzen oder schämen uns, ob unserer eigenen Bedürfnisse.
Entscheidend ist jedoch: Wenn wir in guten Zeiten beginnen zu üben, werden Paargespräche zur normalen Routine – und auch in schwierigen Zeiten zu einer vertrauensvollen Basis für die Beziehung.
Quellen
- Blogbeitrag, Teil 1: »Radikale Ehrlichkeit auch in innigen Beziehungen« …
- Interview Johanna Degen: Radikale Ehrlichkeit – Warum Paare auch hässliche Wahrheiten aussprechen sollten …
- Grundmodell Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg …
- Anika Hempel und Ronald Hempel: Liebevolle Partnerschaft – Gewaltfreie Kommunikation für Paare …
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